„Ich möchte mir nicht die Finger daran verbrennen“ – Befragung angehender Lehrpersonen und die Herausforderung Klimawandel zu unterrichten
„Ich möchte mir nicht die Finger daran verbrennen“ – Befragung angehender Lehrpersonen und die Herausforderung Klimawandel zu unterrichten
Auszüge aus einem Beitrag von Petra Breitenmoser und Manuela Keller-Schneider vom Mai 2023
Hintergrund: Angesichts der Bedeutung der Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und der Verankerung des Klimawandels in den globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ist ein vertieftes Verständnis von Klimawandel als socioscientific issue auch bei angehenden Lehrpersonen unerlässlich. Obwohl Lehrpersonen das Unterrichten des Lerngegenstandes Klimawandels als relevant einschätzen, wird Klimawandel im Primarschulkontext aufgrund der hohen Komplexität und der damit verbundenen Herausforderung selten unterrichtet. …
Ziel des Beitrags von Breitenmoser/Keller-Schneider war es zu untersuchen, wie sich angehende Primarlehrpersonen kurz vor dem Berufseinstieg zum Unterrichten von Klimawandel äussern, und wie die herausgearbeiteten Aspekte (insb. Fachwissen, individuelle und soziale Ressourcen, Kontextfaktoren) auf die Wahrnehmung der Anforderung Klimawandel zu unterrichten einwirken.
Die Ergebnisse … zeigen, dass die Bereitschaft, Klimawandel im Unterricht aufzunehmen, in fallspezifischer Weise von berufs- und themenbezogenen Komponenten geprägt wird. Nicht nur Wissen, sondern auch individuelle Ressourcen und Kontextfaktoren sind von Bedeutung, jedoch im unterschiedlichem Mass. Gemäss den Äusserungen fehlt es den angehenden Lehrpersonen zudem an fachlicher Sicherheit oder an fachdidaktischer Kompetenz, um die Komplexität des Lerngegenstandes für die Primarstufe adressatengerecht aufzubereiten. Die Anforderung, Klimawandel im Unterricht zu thematisieren, wird vermieden.
Herausforderungen von Lehrpersonen zum Unterrichten von Klimawandel
Die Bemühungen um eine effektive Klimabildung sind in den letzten Jahrzehnten auf zahlreiche Umsetzungshindernisse gestossen. So bekunden viele Lehrpersonen Schwierigkeiten zum Unterrichten des Lerngegenstandes Klimawandels. Viele Lehrpersonen weisen Fehlvorstellungen zum Klimawandel, über Klimawissenschaften und Klimakommunikation auf, wodurch die Vermittlung im Unterricht beeinträchtigt wird. Die Lehrenden besitzen somit kein ausreichendes Verständnis der dem Klimawandel zugrunde liegenden fachlichen Konzepte. Zudem wirkt sich die individuelle Wahrnehmung von Lehrpersonen über den Klimawandel auf die Bereitschaft fachliches Wissen zu erlangen aus. Weiter stützen sich Lehrpersonen nicht nur auf fachliches Wissen, sondern auch auf Überzeugungen, die ihre Wahrnehmungen rahmen, wodurch Fehlkonzepte und Überzeugungen auf die climate literacy der Kinder einwirken. Als Gründe der Schwierigkeiten, den Lerngegenstand Klimawandel angemessen in den Unterricht einzubinden, werden fehlendes fachspezifisches Wissen und die hohe Komplexität der Thematik genannt. Weitere Hindernisse sind das Fehlen von Lehrplanvorgaben, Lehr- und Lernmaterialien, Zeit im Unterrichtsalltag und Unterstützung durch Schulbehörden. Insgesamt fühlen sich Lehrpersonen im Bereich der Klimabildung fachlich zu wenig kompetent und unzureichend auf den Unterricht vorbereitet.
Die Erkenntnisse aus der Befragung und die Literaturhinweise können dem Beitrag in voller Länge entnommen werden. Download: Ich möchte mir nicht die Finger_daran_verbrennen
Nach den Erkenntnissen der Bildungsreferent*innen des BNE-Portals www.bildung-fuer-morgen stellen sich diese Herausforderungen nicht nur für angehende Lehrkräfte, sondern für die Lehrkräfte insgesamt. Unter TIPPS für Lehrpersonen wird u.a. ausgeführt:
Lehrpersonen (Lehrer*innen, Dozent*innen, etc.) sind besonders gefordert, BNE, d.h. Bildung für nachhaltige Entwicklung, in ihren Bildungseinrichtungen und in ihren Kursen/Stunden zu vermitteln!
Wir wissen, dass sich viele Lehrpersonen bereits heute deutlich überlastet fühlen, keine Zeit für neue Anliegen aufbringen können und nicht wissen, wie sie bei BNE vorgehen sollen. Hier wollen wir Hilfestellungen geben. Allein die Themen «Klimawandel» und «Verluste an weiterer Biodiversität» sind so wichtig für uns als Gesellschaft, dass sie laufend in Unterrichtseinheiten anzusprechen sind.
Viele Lehrpersonen warten darauf, dass BNE in die Bildungspläne der jeweiligen Bildungseinrichtungen integriert wird und sie so konkrete Vorgaben bekommen, was sie unterrichten bzw. lehren sollen. Das kann – je nach Bildungseinrichtung – noch lange dauern und wertvolle Zeit geht so verloren.
Andere Lehrpersonen erkennen, dass BNE heute jede Unterrichts-/Lehreinheit betrifft und sie integrieren Teile davon in ihre bestehenden Schul- und Lehrangebote. Dafür entschlacken sie bestehende Inhalte und schaffen so Platz für BNE-Anstösse/Inputs. «Improvisation», «Ausprobieren» und «Rückmeldungen» der Schüler*innen, Student*innen, Mitarbeiter*innen sind angesagt. Nachhaltigkeit zu erlernen und selbst umfassend zu praktizieren ist ein «Prozess».
Unsere erfahrenen Bildungsreferent*innen unterstützen Schulen und andere Einrichtungen, Themen wie Klimawandel, Bedeutung der Biodiversität und Artenvielfalt und andere Nachhaltigkeitsherausforderungen in Unterrichtseinheiten zu integrieren. Ein Möglichkeit ist auch, dass Lehrpersonen motiviert werden, sich mit den kostenlosen 24 Kern-Lerninhalten des Portals, die im Blended Learning Format mit Präsentationen, 20 Min. Videos und Gruppenaufgaben als 90 Min. Lerneinheiten (Open Source) aufgebaut sind, auseinanderzusetzen und sie zunächst für sich persönlich als Einstieg zu nutzen.
Anfragen bitten wir zu richten an kontakt@bildung-fuer-morgen.ch.